Dicke Luft für Kinder.

Tabakrauch ist der gefährlichste vermeidbare Schadstoff in Innenräumen. Dennoch ist ihm fast jedes zweite Kind in Deutschland ausgesetzt.

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Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fordert eine tabakfreie Gesellschaft. Ein umfassendes Verbot der Glimmstängel haben sich einige Staaten bereits zur politischen Aufgabe gemacht: In Finnland beispielsweise ist Rauchen an allen öffentlichen Plätzen, an denen sich Kinder aufhalten, untersagt. In Kürze soll das Rauchverbot auch auf PKWs mit Kindern ausgedehnt werden. Dies praktizieren bereits Länder wie Griechenland, Zypern, die Vereinigten Arabischen Emirate und Südafrika. Auch in Australien, den USA und Kanada setzen einige Bundesstaaten entsprechende Regelungen durch. Begründet werden diese Schritte mit den großen Gefahren des Passivrauchens für Kinder.

In Deutschland ist man leider noch nicht so weit. Dabei hat die Erforschung des Passivrauchens zweifelsfrei gezeigt, wie schädlich Tabakrauch für Kinder ist. Für Deutschland schätzt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) die Zahl passivrauchender Kinder und Jugendlicher auf mehr als acht Millionen, das sind ungefähr 40 Prozent.

Giftcocktail in den eigenen vier Wänden

Seit in öffentlichen Gebäuden Rauchverbot herrscht, rauchen Erwachsene zumeist im häuslichen Umfeld oder im Auto. Sie hinterlassen dabei einen Cocktail aus Formaldehyd, Ammoniak, Benzol, Blausäure, Arsen, Cadmium, Pyridin und weiteren hochgiftigen oder krebserregenden Substanzen in der Luft.

Besonders heftig wirkt sich dies in Innenräumen aus. Mediziner sprechen vom Phänomen des Rückstandsrauchens: Auf Kleidung, Autositzbezügen oder Wänden konzentrieren sich die Gifte des Tabakrauchs. Diese Ablagerungen lassen sich auch durch regelmäßiges Lüften nicht verringern. Sie reagieren an den Oberflächen vielmehr zu neuen Verbindungen, Nikotin an Wänden zum Beispiel mit salpetriger Säure zu krebserregenden Nitrosaminen. Da vor allem Kleinkinder alles anfassen und ständig die Finger in den Mund stecken, ist diese Gefahr nicht zu unterschätzen.

Süchtig durch Passivrauchen

Nikotin galt lange als der gefährlichste Schadstoff im Zigarettenqualm. 2011 konnte ein US-amerikanisches Forscherteam nachweisen, dass Passivrauchen schon bei Kindern eine Nikotinabhängigkeit fördert. Dennoch ist man in deutschen Kliniken mittlerweile dazu übergegangen, schwangere oder stillende Mütter beim Tabakentzug mit Nikotinpflastern zu unterstützen. Dabei landet das Nikotin zwar auch im Körper der Neugeborenen, dies wird im Vergleich mit den anderen Giftstoffen im Tabakrauch aber als weniger gefährlich angesehen.

Deren potenzielle Gesundheitsrisiken für Kinder lesen sich nämlich geradezu dramatisch: Sie erhöhen die Gefahr für plötzlichen Kindstod, für Krebserkrankungen oder für bronchiales Asthma. Neuere Studien belegen weiterhin ein erhöhtes Risiko für Diabetes Typ II, Bluthochdruck und Karies. Kinder rauchender Eltern sind häufiger von Infektionen betroffen. Israelische Forscher fanden zum Beispiel in den Schleimhäuten in Nase und Rachen dieser Kinder deutlich mehr Pneumokokken. Diese Bakterien rufen Mittelohrentzündungen hervor, eine Infektion, die bei passivrauchenden Kindern zwei- bis dreimal so häufig auftritt.


Vor diesem Hintergrund scheint ein generelles Rauchverbot in Gegenwart von Kindern kaum übertrieben.

Passivrauchen in der Schwangerschaft
Rauchen in der Schwangerschaft erhöht das Risiko einer Fehlgeburt um bis zu 80 Prozent. Bei den Kindern rauchender Schwangeren wird die Hirnentwicklung beeinflusst, die körperliche Entwicklung bleibt zurück. Das Geburtsgewicht liegt bis zu 500 g unter den üblichen Werten.

Anteil der Frauen, die zu Beginn einer Schwangerschaft rauchen: 13 Prozent

Anteil der Frauen, die mit dem Rauchen aufhören, sobald sie von ihrer Schwangerschaft wissen: 25 Prozent

Zahl der Zigaretten, die eine rauchende Frau durchschnittlich während der gesamten Schwangerschaft konsumiert: 3600

Zahl der Kinder unter sechs Jahren, die in Deutschland in einem Haushalt mit zumindest einer rauchenden Person leben: 2.200.000

Zahl der Kinder unter 18 Jahren, die in Deutschland in einem Haushalt mit zumindest einer rauchenden Person leben: 8.400.000

Anstieg der behandelten Lungenentzündungen bei Kindern rauchender Eltern im Vergleich zu Kindern nichtrauchender Eltern: 100 Prozent